Abfahrt um 6:30 Uhr. Heute will ich ganz gegen meine sonstige Gewohnheit Kilometer fressen, knapp 800. Ein mal pro Woche fährt von Venedig eine Fähre nach Griechenland nicht, wie üblich, um die Mittagszeit, sondern abends um 19 Uhr. Die will ich erwischen.
Obwohl es heut Nacht stark geregnet hat, scheint jetzt ein Wenig die Sonne. Bei strammem Autobahntempo, Durchschnittlich etwa 130 km/h, entwickelt meine gute alte VX ordentlichen Öldurst, knapp ein Liter auf 1000 km. Ich komme gut voran, mache Pause nur zum Tanken und zum Pinkeln und erreiche Venedig um 16 Uhr.
Über die Ausfahrt aus dem Hafen von Venedig hab ich schon mehrfach berichtet. Ich meine immer noch, diese erste Stunde nach Abfahrt der Fähre ist mindestens den halben Fahrpreis wert.
In meiner Kabine auf dem Schiff sind ein Grieche und ein Iraker. Das wird doch wohl kein Selbstmordattentäter sein, denke ich. Aber er ist Irakischer Kurde, außerdem bietet er mir sein Duschgel zur Mitbenutzung an, das beruhigt mich sehr.
Auf der Fähre ist nur ein weiterer Motorradfahrer, Alex, Deutscher Motorradmechaniker mit Werkstatt in Toulon. Er hat eine uralte BMW mit Beiwagen. Er möchte seine Motorrad- und Bootswerkstatt von Toulon nach Plataria bei Igoumenitsa verlegen.
Der Tag auf der Fähre ist wie immer wenig aufregend, also vertreib ich mir die Zeit mit Satelliten-Internet und Speis und Trank. Was nicht ganz billig ist, ich bin auf diesem Kahn in 35 Stunden locker 70 EUR losgeworden. Ich habe es leider versäumt, mir vor Antritt der Fahrt ein adäquates Fresspaket zu besorgen.
Bei Sonnenuntergang erreichen wir Igoumenitsa. Alex geht von Bord, ich vertrete mir während unseres Aufenthalts im Hafen auf dem Kai die Beine.
[ Karte ] Um 6 Uhr ist die Nacht zuende, die Fähre legt in Patras an. Nach einem Kaffe im Fast Food Tyropita fahre ich zur neuen Hängebrücke von Rio und Antirio. Die 2.883 Meter lange Brücke besteht aus der 2.252 Meter langen Hauptbrücke über dem Meer und der 392 Meter langen Rampenbrücke für die Zufahrt bei Río sowie der 239 Meter langen Rampenbrücke bei Andírrio. Die Hauptbrücke hat vier Pylone und Stützweiten von 286 Metern, drei Mal 560 Metern und 286 Metern; sie ist damit die zweitlängste Schrägseilbrücke der Welt.
Die Idee einer Brücke über das westliche Ende des Golfs von Korinth stammt aus dem Jahr 1880. Es sollten noch über hundert Jahre vergehen, bis der erste Spatenstich am 19. Juli 1998 erfolgte. Im Juni 2004 wurden die beiden letzten Pfeiler verbunden. Die Baukosten beliefen sich auf 771 Millionen Euro.
Die Fahrt entlang des Nordufers des Golfes von Korinth ist ein Sahnestück fürs Motorrad. Gute Straße, viele Kurven, wenig Verkehr. Überall blühender Ginster und herrliche Aussichten auf den Golf und die Berge des Peloponnes. Das schönste Stück ist die Fahrt über den Pass zwischen Giona und Parnass bei Amfissa.
Kurz vor Lamia erreiche ich die Autobahn, und ab da geht es schnell, aber unspektakulär nach Saloniki und weiter bis Kavala.
Kavala ist eine lebendige Hafenstadt mit einem Kastell auf dem Gipfel der Altstadt, einem wuseligen Hafen, und der Kamares, einem römischen Aquädukt, rekonstruiert durch Süleyman I. dem Prächtigen im 16. Jahrhundert, das heute mitten im Meer der Stadt steht.
Ich finde ein Privatzimmer in der Odos Anthemion 35. Es soll 25 EUR kosten, aber der Zimmerwirt ist von meinem Volkshochschul-Griechisch so beeindruckt, dass er mir 5 EUR Rabatt gibt.
Ich habe heute 700 km geschafft. Die Besichtigung der Altstadt, des Kastells, des Aquäduktes und das reichhaltige Abendessen schlauchen mich mächtig. Um 23 Uhr falle ich todmüde ins Bett.
Die Autobahn Richtung Türkei ist neu, breit, und leer. In der Nähe von Xanthi traue ich meinen Augen nicht: Da fährt einer mit dem Fahrrad auf dem Standstreifen. Es ist James aus Sheffield. Er macht Tagesetappen von bis zu 200 km, mit vollem Gepäck, und nicht nur im Flachland. Er ist auf dem Weg über die Türkei und Syrien nach Israel. Ich bin platt. Ich hab ja auch schon ein paar Urlaubsreisen mit dem Fahrrad hinter mir, aber da bin ich in einer Woche nicht die Strecke gefahren, die James in drei Tagen macht.
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